Informationen über das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie

Am 1. Mai 1997 ist in Österreich ein Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Gewalt im Familienkreis in Kraft (Gewaltschutzgesetz) getreten. Mit 1. Jänner 2000 wurde das Gesetz in Teilbereichen reformiert und verbessert.
Das Gesetz, das die Wegweisung des Täters aus dem häuslichen Bereich beinhaltet, bietet einen verbesserten Schutz für die Betroffenen und außerdem die Möglichkeit, in der gewohnten Umgebung zu bleiben. Vor Inkrafttreten des Gewaltschutzgesetzes mussten die Betroffenen den Ort des Geschehens verlassen, wollten sie sich in Sicherheit bringen. Nicht der Täter musste die Konsequenzen seiner Taten ziehen, sondern die Opfer hatten den Platz zu räumen.
Dieser Ungerechtigkeit und Zumutung für Betroffene wurde durch das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie ein Ende bereitet. Jedoch kann auch dieses Gesetz keinen hundertprozentigen Schutz vor Gewalt bieten. In besonders gefährlichen Situationen, wie etwa vor, während oder nach Trennungen, kann es wichtig sein, dass die Frauen mit ihren Kindern die Wohnung verlassen und eine sichere Unterkunft (z.B. ein Frauenhaus) aufsuchen, zumindest bis die gefährlichste Zeit vorbei ist.
Das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie beinhaltet:

Wegweisung und Betretungsverbot nach §38a des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG)
Die Gendarmerie/Polizei hat die Aufgabe, eine Person, von der Gefahr für andere ausgeht, sofort aus der Wohnung/dem Haus und der unmittelbaren Umgebung wegzuweisen und das Betreten dieses Bereiches zu verbieten. Wenn eine strafbare Handlung, wie z.B. eine Körperverletzung, Nötigung, gefährliche Drohung, Vergewaltigung oder Freiheitsentziehung erfolgt ist, muss die Gendarmerie/Polizei eine Anzeige aufnehmen.
Das Gesetz schützt jede in einer Wohnung oder in einem Haus wohnende Person (Ehefrau, Lebensgefährtin, Kinder, Verwandte, aber auch eine Untermieterin, Mitbewohnerin usw.), wobei es keine Rolle spielt, wem die Wohnung/das Haus gehört; die Gendarmerie/Polizei kann jede Person, von der Gefahr ausgeht, auch den Besitzer, wegweisen. Dieser Person werden in einem solchen Fall sofort die Schlüssel zur Wohnung/zum Haus abgenommen. Der Weggewiesene wird in der Folge dazu aufgefordert, eine neue Adresse, an die gerichtliche Schriftstücke übermittelt werden können, bekannt zu geben. Er darf lediglich Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitnehmen (persönliche Dokumente, Kleidung, Medikamente u. ä.).
Mit der Wegweisung wird gleichzeitig das Betretungsverbot ausgesprochen. Dieses gilt für die Wohnung/das Haus sowie für die unmittelbare Umgebung der Wohnstätte. Die Gendarmerie/Polizei muss den räumlichen Schutzbereich festlegen und dies dem Weggewiesenen mitteilen. Wenn die gewalttätige Person nicht freiwillig die Wohnung/das Haus verlässt, kann die Gendarmerie/Polizei Zwangsgewalt anwenden und den Gefährder entfernen.
Auch wenn der Misshandler festgenommen wurde, kann die Gendarmerie/Polizei ein Betretungsverbot verhängen, da der Misshandler jederzeit wieder entlassen werden könnte.
Das Betretungsverbot wurde mit 1. Jänner 2000 von sieben auf zehn Tage ausgedehnt.

Einstweilige Verfügung
Längerfristiger Schutz durch einstweilige Verfügung (EV) nach § 382b Exekutionsordnung:
Nahe Angehörige des Misshandlers (Ehegattinnen, Lebensgefährtinnen, Geschwister und Verwandte in gerader Linie wie Kinder, Enkelkinder, Großeltern, auch Wahl- und Pflegekinder, Wahl- und Pflegeeltern, sowie deren Ehegattinnen und Lebensgefährtinnen) haben die Möglichkeit, diese Frist zum Schutz vor Gewalt zu verlängern, wenn sie mit dem gewalttätigen Familienmitglied in der Wohnung zusammenleben oder innerhalb der letzten drei Monate zusammengelebt haben. In diesem Fall muss innerhalb des Geltungsbereiches des Betretungsverbotes, also innerhalb von zehn Tagen, eine EV auf Ausweisung des Täters bei Gericht beantragt werden. Eine EV kann auch ohne vorherige Intervention der Gendarmerie/Polizei erfolgen.
Die Mitarbeiterinnen von Interventionsstellen, Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen können bei der Antragstellung unterstützen. Auch die Frauenhelpline bietet detaillierte telefonische Erstinformation über EV, Antragstellung und über die regionalen Beratungsstellen an.
Bei Befragung durch das Gericht haben Betroffene das Recht auf Anwesenheit einer Vertrauensperson. Eine EV kann beantragt werden, wenn das Zusammenleben mit der gewalttätigen Person durch körperliche Misshandlung oder Drohungen unzumutbar ist.

Auch bei psychischer Gewalt kann eine EV beantragt werden und zwar dann, wenn durch Psychoterror die psychische Gesundheit der Betroffenen erheblich beeinträchtigt und dadurch das Zusammenleben unzumutbar wird. Die Besitzverhältnisse spielen auch hier keine Rolle. Wichtig ist lediglich, dass die bedrohten Personen ein dringendes Wohnbedürfnis haben.

Für den Nachweis der Gewalt müssen sogenannte „Bescheinigungsmittel“ z.B. die Aussage der betroffenen Frau, die Aussage von ZeugInnen, Berichte der Gendarmerie/Polizei, ärztliche Befunde, Spitalsbefunde, Berichte von TherapeutInnen und Hilfseinrichtungen, Fotos usw.) bei Gericht vorgebracht werden. Die Berichte der Gendarmerie/Polizei werden vom Gericht direkt angefordert.
Das Gericht muss über den Antrag so rasch wie möglich entscheiden. Idealerweise sollte nach einer Wegweisung innerhalb von zwanzig Tagen entschieden werden (der Geltungsbereich eines Betretungsverbotes verlängert sich bei Beantragung einer EV innerhalb von zehn Tagen automatisch um weitere zehn Tage), damit die Betroffenen, ohne sich der Gefahr einer Rückkehr des Täters auszusetzen, in der Wohnung bleiben können.

Die EV bietet verschiedene Schutzmaßnahmen. Da es sich dabei um eine zivilrechtliche Verfügung handelt, muss von den Betroffenen genau beantragt werden, welche Schutzmaßnahmen sie brauchen.
Hat das Gericht den Beschluss auf Ausweisung gefasst, muss die Antragstellerin sofort darüber informiert werden, wann der Beschluss vollzogen wird. Dies soll möglichst schnell geschehen. Der Vollzug erfolgt durch die Gerichtsvollzieher; in dringenden oder besonders gefährlichen Fällen kann das Gericht die Gendarmerie/Polizei ersuchen, den Beschluss zu vollziehen.

Die EV gilt vorerst für drei Monate; die Frist verlängert sich aber im Falle eines laufenden Scheidungs- oder auch Delogierungsverfahrens (wenn die betroffene Frau Hauptmieterin ist und die Delogierung des Misshandlers beantragt) und gilt dann jeweils bis zum Abschluss des Verfahrens.

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