AUSWERTUNG DER STATISTISCHEN DATEN 2005

Seit Beginn der Frauenhelpline, 1. Juni 1999 wurden insgesamt 98.363 Anrufe von den Mitarbeiterinnen der Frauenhelpline entgegengenommen, telefonisch betreut und unterstützt.

Diese Tabelle zeigt einen bemerkenswerten Anstieg der Zahl der Anrufe im Jahr 2001, der sich damit erklären lässt, dass es im Jahr 2000 eine europäische Kampagne zum Thema Gewalt gegen Frauen in Ehe und Partnerschaft gab, an der auch Österreich teilnahm, und die vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser für Österreich organisiert und koordiniert wurde. Bei dieser Kampagne wurde unter anderem die Nummer der Frauenhelpline auf Plakaten beworben. Diese österreichweite Kampagne bestätigt, wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit ist, um eine Kriseneinrichtung bekannt zu machen. Seither bewegt sich die Zahl der Anrufe in etwa konstant auf derselben Höhe.

2005 haben die Mitarbeiterinnen der Frauenhelpline 16.720 Anrufe persönlich angenommen. Das bedeutet, dass durchschnittlich 46 Anrufe pro Tag entgegengenommen wurden. Tatsächlich wurde die Nummer der Frauenhelpline wesentlich öfters, nämlich fast doppelt sooft angewählt. 2005 wurde die Nummer der Frauenhelpline etwa 29.100 mal angerufen. Die Telefonnummer 0800/222 555 wurde damit im Durchschnitt 80 mal am Tag angewählt. Dies geht aus dem Protokoll des Telefonanbieters hervor, der jede Kontaktaufnahme mit der Helpline erfasst. Auf Grund der Personalkapazität ist die Frauenhelpline in der Regel nur einfach besetzt und es ist daher nicht immer möglich, jeden Anruf entgegenzunehmen und zu beantworten. Statistisch festgehalten und in dem vorliegenden Bericht ausgewertet werden nur jene Anrufe, die auch tatsächlich angenommen wurden.

Typ der Anrufe
n=16.720

Die erfassten Anrufe werden in so genannte Normalanrufe und in Schweigeanrufe unterteilt.
Bei 82% der Anrufe wurde ein Gespräch geführt, wobei die vielfältigen Formen der Kontaktaufnahme, die typisch für eine telefonische Beratungseinrichtung sind, und die unter der Rubrik „Art des Anrufs“ ausführlich beschrieben werden, zu unterscheiden sind. Mit einem Anteil von 18% von allen entgegengenommenen Anrufen werden die Schweigeanrufe folgendermaßen interpretiert: Einerseits erfolgen sie als Testanrufe von Kindern und Jugendlichen, um zu erfahren, ob die Frauenhelpline tatsächlich rund um die Uhr erreichbar ist, wer sich meldet und wie, und um letztendlich „im Fall der Fälle“ vorbereitet zu sein. Wie aus einigen Beratungsgesprächen hervorging, sind sie andererseits auch als „Anlaufversuche“ von Betroffenen zu werten. Daher ist es für eine telefonische Beratungseinrichtung unumgänglich, auch diese Anrufe ernst zu nehmen. Interessant ist, dass im Jahr 2005 die Schweigeanrufe um 3% zurückgegangen sind und dafür mehr konkrete Anrufe entgegengenommen werden konnten.

Art des Anrufs
n=13.730

2005 ist ein Anstieg bei den Anrufen mit konkreten Anliegen im Zusammenhang mit Gewalt erfolgt. 38% der Anrufe waren konkrete Fragen rund um die Gewaltproblematik (2004: 30%).

Auch der Anteil der Serviceanrufe ist gestiegen. 8% (2004: 5%) der Anrufe sind so genannte Serviceanrufe. Darunter fallen Anfragen von Institutionen, die mit dem Thema Gewalt konfrontiert sind und Informationen benötigen, z.B. von Angehörigen, die Betroffene unterstützen und sich nach regionalen Beratungsmöglichkeiten erkundigen und/oder Informationen zur spezifischen Dynamik von Gewaltbeziehungen wollen (eine häufige Frage in diesem Zusammenhang, die Personen aus dem sozialen Nahraum der Betroffenen stellen: „Das geht schon so lange so. Warum verlässt sie ihn nicht endlich?“). In vielen Fällen gehen solche Serviceanrufe im Sinne der Entlastung und Stärkung der Vertrauenspersonen von Betroffenen natürlich auch in Beratungsgespräche über. Als zusätzliches Service bietet die Frauenhelpline auch den Versand von Infomaterialien sowie Recherchen im Internet an. So werden Informationen kundInnenfreundlich und unbürokratisch weitergegeben.

Unter Blitzableiter (13%) werden jene Anrufe zusammengefasst, bei denen das kostenlose Beratungstelefon vorwiegend von Kindern und Jugendlichen als „Container“ für Frustrationen, Verletzungen, Enttäuschungen, „Sich-nicht-ernst-genommen-fühlen“ etc. verwendet wird. Die Gesprächsinhalte haben oft aggressiven Charakter, sie werden jedoch nicht als persönliche Angriffe gegen die Beraterin kommuniziert.

Personen, die beim ersten Anruf nicht den Mut haben, über ihre eigentlichen Probleme zu sprechen, werden der Rubrik Primärkontakt (21%) zugeordnet. Oft ist hier beispielsweise zu hören „Entschuldigung, hab mich verwählt“, „Falsch verbunden“ etc., oder es werden von Kindern und Jugendlichen für die Beraterin eindeutig nicht der Realität entsprechende Geschichten konstruiert, um die Reaktionen der Beraterinnen zu testen und sozusagen den „Ernstfall zu proben“.

Unter Pubertätsprobleme (6%) verstehen die Mitarbeiterinnen jene Anrufe, die in der einen oder anderen Form Fragen von Jugendlichen zur Pubertät beinhalten. Es werden allgemeine Fragen zum Thema Sexualität/Homosexualität, körperliche Entwicklung, Schwangerschaft, Beziehung, Freundschaft etc. gestellt.

4% der Anrufe fallen unter die Kategorie Sexueller Angriff. Dies sind beinahe ausschließlich von Männern und männlichen Jugendlichen getätigte Anrufe, bei denen die Beraterinnen mit sexualisierten Beschimpfungen konfrontiert sind.

Anrufe, die aggressivere Inhalte als Blitzableiter-Anrufe hatten, wurden unter Provokation zusammengefasst. Ihr Anteil ist im Vergleich zu 2004 etwas gesunken. Statt 14% im Jahr 2004 waren es 2005 nur noch 10%. Es handelt sich um wiederholte Telefonate, die die betreffende Mitarbeiterin in ihrer Funktion als Beraterin provozieren sollen. Es sind vor allem Anrufe von Jugendlichen, die aller Wahrscheinlichkeit nach dem Testen von Grenzen dienen, aber im Besonderen auch den Sinn eines „Abreagierens“ und „Machtdemonstrierens“ haben können. Hier haben sie, wenn auch nur im Kleinen, die Macht den Inhalt des Gesprächs mehr oder weniger selbst zu bestimmen, ohne sich dabei „ein Blatt vor den Mund zu nehmen“, und es auch willkürlich zu beenden. Unter Umständen handelt es sich dabei aber auch um Anrufe von Erwachsenen, meist von Männern, die beispielsweise ihrer Ansicht Ausdruck verleihen, dass Frauen bereits genügend unterstützt, die eigentlich Benachteiligten der Gesellschaft jedoch die Männer seien.

 Geschlecht der AnruferInnen
n=13.730

60% der Anrufe kamen von Frauen und Mädchen. Das waren insgesamt 8.238 Anrufe. Ein hoher Anteil davon waren Mädchen und junge Frauen, die sich vielfach mit Pupertätsfragen an die Frauenhelpline wandten. Unter den 8.238 Anrufen von Frauen verzeichnet die Frauenhelpline etwa 36% (2966) Anrufe im Zusammenhang mit Gewalterfahrungen. Bei etwa 8% (659) der Anrufe waren akute Gewaltsituationen oder schwere Krisen der Grund für einen Anruf bei der Frauenhelpline. Von Stalking bzw. Psychoterror waren 5% (412) der weiblichen Anrufer betroffen. Mädchen und Frauen, die von Zwangsverheiratung betroffen waren, wandten sich ebenfalls an die Helpline. Immerhin 16 Anrufe konnte die Frauenhelpline im vergangenen Jahr verzeichnen. Wobei die Betroffenen selbst, Verwandte der Betroffenen oder MitarbeiterInnen aus Institutionen wie etwa aus Schulen oder Jugendzentren Unterstützung oder Auskunft bei der Frauenhelpline suchten. Neben den Anfragen zu Gewaltproblemen waren Themen wie die Bewältigung von schwierigen Lebenssituationen, Beziehungskrisen, Trennungs- und Scheidungsfragen, Besuchsrechtsregelungen, Schuldentilgung, Obdachlosigkeit etc.. Inhalt der Anrufe.

Unter den Anruferinnen befinden sich jährlich auch sogenannte Mehrfachanruferinnen, die von den Beraterinnen in unterschiedlichen Intervallen und über einen längeren Zeitraum hinweg begleitet und beraten werden. Der Großteil der Mehrfachanruferinnen sind Frauen, die sich in den verschiedenen Phasen, d.h. in der Zeit vor, während und nach einer Trennung oder Scheidung von einem gewalttätigen Partner befanden und ein intensive Unterstützung benötigten. Zu den Mehrfachanruferinnen zählten weiters Frauen, deren Gewalterfahrungen weiter zürücklagen, die aber noch Zeit zum verarbeiten benötigten und sich dabei an die Frauenhelpline wandten.
 
Auch Männer nehmen die kostenlose bundesweite Beratungseinrichtung in Anspruch. 23% Männer und vor allem männliche Jugendliche haben sich im vergangenen Jahr an die Frauenhelpline gewandt. Neben den männlichen Jugendlichen sind dies vor allem Personen aus dem Umfeld der Betroffenen, die sich Sorgen machen und sich Auskunft für ihre Arbeitskollegin, Schwester, Mutter oder Bekannte holen. Bei der Kategorie „nicht ersichtlich“ (17%) handelt es sich meist um sehr junge Menschen, bei denen das Geschlecht aufgrund der kindlichen Stimme nicht zugeordnet werden konnte.

Verteilung der Anrufe auf die Woche
n=13.730

Knapp ein Drittel aller erfassten Anrufe 28% erfolgte 2005 am Wochenende, in einer Zeit, in der viele andere Hilfseinrichtungen geschlossen sind. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass diese Einrichtung auch an Samstagen und Sonntagen bzw. Feiertagen allen zur Verfügung steht.

Verteilung Tageszeit Anrufe
n=13.730

2005 hat sich bei der Verteilung der Anrufe nicht viel verändert. Die durchschnittliche, tägliche Spitzenzeit ist am Nachmittag von 12-18 Uhr. Hier lag der Anteil bei 43%. 32% der Anrufe erfolgen am Abend (früher und später Abend von 18 Uhr bis 21 Uhr) und 9% in der Nacht (von 0-8 Uhr früh).

 Altersverteilung der AnruferInnen
n=13.730

 Die Altersverteilung der AnruferInnen hat sich im Vergleich zu 2004  bei den jungen Menschen zwischen 13-18 etwas verringert: Während es 2004 41% waren so sind es 2005 36%. Dafür ist der Anteil bei den Erwachsenen von 30% auf 34% gestiegen. 2005 haben 8% Personen über 50 Jahren angerufen. Bei etwa 10% war das Alter nicht ersichtlich; es wird auch nicht bei jedem Gespräch das Alter erfragt bzw. angegeben.

 Nationalität der AnruferInnen
n=13.730

Seit Anfang 2005 sind bei der Frauenhelpline muttersprachliche Beraterinnen beschäftigt, die in mehreren Sprachen (arabisch bzw. ägyptisch, bosnisch-kroatisch-serbisch, englisch, slowenisch, slowakisch und türkisch)  beraten. Unter allen AnruferInnen wandten sich 4% der AnruferInnen mit migrantischen Hintergrund an die Frauenhelpline. Etwa 1,5 % (200) aller Anruferinnen (es waren beinahe ausschließlich Frauen) wünschten sich eine Beratung in ihrer eigenen Sprache. Die Gründe für diesen geringen Anteil sind damit zu erklären, dass das Angebot der Frauenhelpline österreichweit noch zu wenig bekannt ist und dass die Anruferinnen auf die muttersprachliche Beratung warten müssen bis die zuständige Beraterin in den Dienst kommt. Mehr Öffentlichkeitsarbeit und fixe muttersprachliche Beratungsstunden würden den Anteil sicher erhöhen.

Verteilung der Anrufe auf die Bundesländer
n= 5.679
8.051 nicht ersichtlich

 

Bei der Verteilung der Anrufe auf die Bundesländer haben sich im Vergleich zum vergangenen Jahr nur geringe Veränderungen ergeben. 35% aller AnruferInnen, die ihre Herkunft bekannt gaben, kamen aus dem Raum Wien, 16% aus Niederösterreich, 17% aus der Steiermark, 9% aus Oberösterreich und 7% aus Kärnten. Die anderen Bundesländer bewegen sich auch 2005 zwischen 2% (Vorarlberg) und 6% (Tirol). Es werden nicht alle AnruferInnen automatisch nach ihrer Herkunft gefragt, lediglich jene, die den Ort im Beratungsgespräch bekannt geben und die an eine bestimmte Hilfseinrichtung weitervermittelt werden.

Weitervermittlung
n=2.890

Etwa 21% aller erfassten Anrufe wurden an andere Stellen weitervermittelt. Wie wichtig dabei Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser sind, zeigt diese Tabelle. Unter die Rubrik „Sonstige” fallen Einrichtungen wie z.B. Kriseninterventionszentren, Männerberatungsstellen, Familienberatungsstellen, Institutionen, in denen Rechtsberatung angeboten wird etc..

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